24.06.2025    2 Bilder 1 Dokument

Bildungsklima-Index 2025: Österreichs Bildungssystem tritt auf der Stelle – große Sorgen um Unterrichtsqualität und psychische Belastung

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v.l.n.r. Andreas Ambros-Lechner (Vereinsvorstand MEGA Bildungs-Verein), Donia Lasinger (Leitung Förderwesen und Kommunikation, B&C Privatstiftung)

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Der österreichische Bildungsklima-Index (BKI) wurde von der MEGA Bildungsstiftung initiiert und präsentiert seit 2021 regelmäßig aktuelle Daten zur heimischen Bildungslandschaft.
Die aktuellen Daten aus dem Jahr 2025 zeigen, dass das Bildungssystem stagniert.

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Wien, 24.6.2025 – Seit 2021 misst der Österreichische Bildungsklima-Index (BKI) die Zufriedenheit von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen mit dem heimischen Bildungssystem und wo Verbesserungsbedarf im Unterricht sowie bei organisatorischen Rahmenbedingungen als notwendig erachtet wird. Anhand von über 60 Einzelfaktoren wird alle zwei Jahre erhoben, in welche Richtung sich das heimische Bildungssystem entwickelt, ob Reformen, Investitionen und private Förderungen Wirkung zeigen und wie sich aktuelle gesellschaftliche Themen und Entwicklungen auf den Unterricht auswirken.

Die Ergebnisse des Bildungsklima-Index 2025 wurden am 24. Juni im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien vom gemeinnützigen MEGA Bildungs-Verein präsentiert. Im Rahmen der aktuellen Studie wurden zwischen März und Mai 2025 beinahe 2.700 Personen in ganz Österreich befragt (N = 2.677, 460 Schüler:innen, 1.221 Eltern, 996 Pädagog:innen).

Die Ergebnisse der nunmehr dritten österreichweiten BKI-Erhebung sind ernüchternd: Das österreichische Bildungssystem stagniert – aus Sicht aller drei Befragungsgruppen – weiter im Mittelmaß bei einem Schulnoten-Durchschnitt von „Befriedigend“ (2025: 3,1). Zusätzlich ist – trotz aller politischen Reformbemühungen und öffentlichen Investitionen in Schulinfrastruktur der letzten Jahre – sogar eine negative Tendenz erkennbar: 2021 lag der Notendurchschnitt über alle 60 Messfaktoren noch bei 2,8.

Im Vergleich zur letzten BKI-Erhebung im Jahr 2023 verschlechterte sich die Bewertung des gesamten Bildungssystems aus Sicht von Schülerinnen und Schülern (-3,55 % Indexpunkte im Vgl. zu 2023) sowie aus Sicht des Lehrpersonals (-3,50 %) weiter. Im Gegensatz dazu bewerten die befragten Eltern das Bildungssystem 2025 besser als zuletzt (+5,60 % zu 2023, +3,69 % seit 2021). Diese Verbesserung aus Sicht der Eltern ist vor allem auf folgende Faktoren zurückzuführen: Verbesserungen bei der Nachmittagsbetreuung und steigende Relevanz von „Allgemeinbildung“, die in heimischen Schulen im Vergleich zu anderen Unterrichtsinhalten generell gute Werte erhält.

Im Vergleich dazu besonders negativ verlaufend ist jedoch die Langzeitbetrachtung des Bildungssystems aus Sicht der Schülerinnen und Schüler: Seit der ersten BKI-Erhebung vor vier Jahren (BKI 2021) beurteilen diese das österreichische Bildungssystem heute insgesamt um 9,25 Prozent schlechter.

Dazu Andreas Ambros-Lechner, Vorstand des gemeinnützigen MEGA Bildungs-Vereins: „Die kontinuierliche Verschlechterung des Bildungsklima-Indexes aus Sicht der Schülerinnen und Schüler – und zuletzt von 2023 bis 2025 auch bei den Pädagoginnen und Pädagogen – ist besorgniserregend. Dies nicht zuletzt deswegen, da die ersten BKI-Erhebungen 2020/2021 noch im Umfeld der COVID-Pandemie stattfanden, die im Schulsystem für alle Beteiligten besondere Probleme und Belastungen mit sich brachte.“

„Wir sehen, dass sich seither viele strukturelle Schwächen weiter verfestigen, statt behoben zu werden. Gerade dort, wo es um Zukunftsthemen wie Künstliche Intelligenz, Wirtschaftswissen oder psychische Gesundheit geht, ist das Interesse, aber auch der Handlungsbedarf weiter groß“, so Ambros-Lechner weiter.

Schulinfrastruktur wird besser bewertet als Unterrichtsqualität und relevante Wissensvermittlung
Die Schulgemeinschaft, Schul-Organisation und -Infrastruktur in Österreich wird von allen Befragungsgruppen besser bewertet als die inhaltliche Qualität des Unterrichts und der Wissensvermittlung. Sie erhält ein glattes „Gut“ (Notendurchschnitt der Einzelfaktoren im Bereich „Allgemeine Rahmenbedingungen“: 1,8 bis 2,4).

Bei diesen allgemeinen Rahmenbedingungen zeigen sich – im Unterschied zur öffentlichen Darstellung und tagespolitischen Diskussion – über alle Befragungsgruppen hinweg die höchsten Zufriedenheitswerte bei den Faktoren „Einteilung von Ferien und schulautonomen Tagen“ (46 % Sehr gut, 34 % Gut) und beim „Umgang mit Schüler:innen unterschiedlicher Herkunft oder nicht-deutscher Muttersprache“ (35 % Sehr gut, 38 % Gut).

Am Ende der Zufriedenheitsskala bei den organisatorischen Rahmenbedingungen stehen dennoch „Allgemeine Ausstattung der Schule und Unterrichtsräume“ sowie „Computer und IT-Ausstattung“. Beide Bereiche werden von 18 Prozent der Befragten mit „Genügend“ bzw. „Nicht genügend“ bewertet. Gleichzeitig bewerten 27 Prozent der Befragten die IT-Ausstattung ihrer Schule mit „Sehr gut“ und 23 Prozent die „Allgemeine Ausstattung“ ihrer Schule mit Top-Noten. Ambros-Lechner: „Diese Daten zeigen auf, dass es österreichweit sehr große Ausstattungs- und Qualitätsunterschiede bei der Schulinfrastruktur gibt und wir von Chancen-Fairness im Bildungssystem weit entfernt sind.“

Beim Vergleich der einzelnen Befragungsgruppen zeigen sich bei der Bewertung der Rahmenbedingungen signifikante Unterschiede: Schülerinnen und Schüler und deren Eltern bewerten diese deutlich schlechter als Pädagoginnen und Pädagogen. Auffällig ist dabei, dass sich die Zufriedenheit des Lehrpersonals und der Eltern mit den organisatorischen Rahmenbedingungen an den Schulen – anders als zwischen 2021 und 2023 – im Zeitraum 2023 bis 2025 kaum verändert hat, während sich die Bewertungen der Schülerinnen und Schüler im gleichen Zeitraum in beinahe allen organisatorischen Bereichen verschlechtert hat (gleichbleibend nur „Internet-Zugang“ und „Umgang mit Konflikten“).

Bei der Beurteilung der Qualität des Unterricht und der Vermittlung von Lehrinhalten ist ein zentrales Ergebnis des BKI 2025, die relative Unzufriedenheit mit genau jenen Lehrinhalten, die von den Befragten für die Zukunft als besonders wichtig eingeschätzt werden: Die schlechtesten Bewertungen aller Fächer und Unterrichtsthemen betreffen die Bereiche wirtschaftliche Bildung (29 % „Befriedigend“, 22 % Genügend/Nicht genügend“, nur 19 % Sehr gut), digitale Kompetenz, Künstliche Intelligenz (30 % „Befriedigend“, 21 % Genügend/Nicht genügend“, nur 17 % „Sehr gut“), und Berufsvorbereitung die von den Schülerinnen und Schülern als für die Zukunft besonders bedeutend beurteilt werden.

Dazu Donia Lasinger, Leitung Förderwesen und Kommunikation bei der B&C Privatstiftung: „Vorbereitung auf Beruf und Studium, Umgang mit Geld sowie aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen stehen ganz oben auf der Liste der Verbesserungswünsche bei Schülerinnen und Schülern. Dies zeigt, dass unser Engagement sowie Förderungen und Projekte im Bereich Wirtschaftsbildung weiter besonders notwendig und sinnvoll sind, da sie auf die Grundbasis einer erfolgreichen Wirtschaft einzahlen.“

Lehrerinnen und Lehrer sehen aktuell großen Verbesserungsbedarf vor allem bei der Vermittlung von sozialen und kommunikativen Fähigkeiten, während dieser bei der Vermittlung von Know-how zu sozialen und ökologischen Fragen deutlich weniger geortet wird als noch 2021.

Eltern bewerten die Qualität der Vermittlung von Allgemeinwissen und Fremdsprachen in Österreich weiterhin mit „Gut“. Auffällig in den aktuellen Daten ist, dass die Bedeutung von Allgemeinwissen aus Sicht der Eltern zuletzt signifikant gestiegen ist.

Pädagoginnen und Pädagogen erhalten zu wenig gesellschaftliche Anerkennung
Trotz breiter gesellschaftlicher Zustimmung zur Wichtigkeit pädagogischer Arbeit bei allen Befragten (über 85 % Zustimmung), empfinden alle Befragungsgruppen, aber insbesondere Lehrkräfte, eine klaffende Lücke zwischen gesellschaftlicher Bedeutung und tatsächlicher Anerkennung des Lehrberufes im Alltag (4 % Sehr gut, 14 % Gut). Dieser Eindruck hat sich im Vergleich zu 2023 noch verschärft.

„Die gesellschaftliche Anerkennung pädagogischer Berufe wird weiter als absolut unzureichend wahrgenommen und hat sich aus Sicht der Betroffenen sogar weiter verschlechtert. Das ist ein Warnzeichen für Politik und Gesellschaft und sicherlich mit ein Grund für den Personalmangel in pädagogischen Berufen“, so Ambros-Lechner.

Gesprächsbasis und Beziehungsqualität: Lehrerinnen und Lehrer beurteilen diese deutlich positiver als Schülerinnen und Schüler
Das allgemeine Klima an heimischen Schulen wird wesentlich vom persönlichen Verhältnis und einer positiven Gesprächsbasis zwischen Schülerinnen und Schülern mit ihren Lehrkräften geprägt. Dabei klaffen die Einschätzungen stark auseinander: Lehrkräfte bewerten ihre Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern überwiegend „Sehr gut“ (55 %) und „Gut“ (34 %). Diese hingegen sehen ihre persönliche Beziehung zu den Pädagoginnen und Pädagogen wesentlich kritischer (19 % „Sehr gut“, 39 % „Gut).

Psychische Belastung an Schulen hoch: Leistungsdruck als größter Stressfaktor
Die psychischen und sozialen Belastungen im Schulalltag sind laut allen drei Befragungsgruppen – Schüler:innen, Eltern und Lehrkräfte – hoch. Leistungsdruck und die Lernsituation zu Hause werden als größte Belastungsfaktoren für Schülerinnen und Schüler im gesamten Schulumfeld gesehen. 23 Prozent der Schülerinnen und Schüler bewerten ihre psychische Belastung im Schulumfeld als „sehr stark“ und neun Prozent als „stark“, wobei die höchsten Belastungswerte in Berufsbildenden Schulen aufgezeigt werden (29 % „stark“, 23 % „sehr stark“).

Lehrkräfte empfinden darüber hinaus Personalmangel, Zeitdruck und mangelnde Unterstützung als besonders belastend. Schülerinnen und Schüler berichten in offenen Fragestellungen über fehlende emotionale Unterstützung und ein angespanntes Klassenklima. Eltern sorgen sich zunehmend um die psychische Gesundheit ihrer Kinder – insbesondere in den Übergangsphasen in andere Schulen und Bildungsstufen. Bei der Frage, wo sie zusätzliche finanzielle Mittel im Bildungssystem einsetzen würden, reihen Lehrkräfte, Schulleiterinnen und Schulleiter „Weitere Schul-Sozialarbeiter:innen“ mit großem Abstand an die erste Stelle (53 %).

Zustimmung zum Handyverbot: Überraschend breiter Konsens
Das Handyverbot in Schulen trifft bei allen Gruppen auf mehrheitliche Zustimmung: 79 Prozent der befragten Lehrerinnen und Lehrer sowie 76 Prozent der Eltern befürworten ein Verbot im Unterricht an Volksschulen. Auch unter den Schülerinnen und Schülern ist die Zustimmung überraschend hoch, vor allem in Bezug auf die unteren Schulstufen (63 % VS, 49 % Mittelschule/AHS) wobei in der Oberstufe nur mehr 23 Prozent der Schülerinnen und Schüler ein Handyverbot befürworten, hingegen immer noch 46 Prozent der Eltern und 51 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer.

Fazit & Empfehlungen aus dem Bildungsklima-Index 2025:
Bildungsreform braucht Fokus auf Zukunftsthemen und Vertrauen
Aus Sicht der Expertinnen und Experten von MEGA leiten sich aus den Ergebnissen des BKI 2025 folgende klare Handlungsfelder für Politik und Verwaltung ab:
  • Investitionen in Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen, Fortbildung und Supervision.
  • Verbindliche Integration wirtschaftlicher Bildung, digitaler Kompetenzen und psychischer Gesundheit in die Lehrpläne.
  • Stärkung des Schulstandorts durch moderne Ausstattung, digitale Infrastruktur und bessere Betreuungsangebote.
  • Systemische Förderung von „21st Century-Skills“, wie kritisches Denken, Kooperation und Selbstorganisation.
  • Förderung der Beziehungskultur an Schulen: Mehr Zeit, mehr Kommunikation, mehr Vertrauen.
Alle Daten und Ergebnisse der Studie werden nun zur weiteren inhaltlichen Bewertung und Detailanalyse dem heimischen Bildungssystem und Fördereinrichtungen zur Verfügung gestellt, die auf Basis der Daten Verbesserungsmaßnahmen und Förderinitiativen zielgerichtet anpassen können.

Über den österreichischen Bildungsklima-Index (BKI)
Der BKI wurde 2021 durch die MEGA Bildungsstiftung initiiert und 2025 vom neuen, gemeinnützigen MEGA Bildungs-Verein gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut „Triple M“ umgesetzt. Die österreichweite Erhebung findet alle zwei Jahre statt. Ziel ist die ganzheitliche Messung der Zufriedenheit mit dem Bildungssystem (organisatorische Rahmenbedingungen, Infrastruktur, Unterrichtsqualität, Verbesserungsbedarf) in Österreich. Die Erhebung ist damit eine wichtige Ergänzung zu den PISA-Studien, die sich auf den internationalen Vergleich von Leistungen der Schülerinnen und Schüler konzentrieren. Im Herbst 2025 werden die Detaildaten für den Bereich Elementarpädagogik aus dem BKI 2025 veröffentlicht. Weiters können mit dem vorhandenen Datenmaterial Detailauswertungen und Vergleiche zwischen Bundesländern und verschiedenen Schultypen erstellt werden.

Über die MEGA Bildungsstiftung und den MEGA Bildungs-Verein
Mit der Gründung der MEGA Bildungsstiftung (www.megabildung.at) bündelten die B&C Privatstiftung (www.bcprivatstiftung.at) und die Berndorf Privatstiftung ihre Ressourcen und Aktivitäten bei der Bildungsförderung, um bestehende innovative Bildungsprojekte im schulischen und außerschulischen Bereich zu fördern, auszubauen und allen Bildungseinrichtungen in Österreich zur Verfügung zu stellen. Die inhaltlichen Schwerpunkte der MEGA Bildungsstiftung liegen in den Bereichen „Chancenfairness in der Bildung“ und „Allgemeine Wirtschaftskompetenz“. Insgesamt hat die MEGA Bildungsstiftung bereits über 10 Millionen Euro zur Förderung von innovativen Bildungsprojekten in Österreich zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der MEGA Academy unterstützt die Bildungsstiftung gemeinsam mit der WU Wien diese Bildungsprojekte über die finanziellen Ressourcen hinaus mit Know-how. 2025 wurde der gemeinnützige MEGA Bildungs-Verein gegründet.

Die Präsentation mit den Ergebnissen steht hier zum Download bereit. 
Weitere Bilder in der APA-Fotogalerie.

Rückfragen, Kontakt für Grafiken, Interviews, Detailergebnisse und Bundesländerauswertungen:
Pressestelle MEGA Bildungsstiftung und MEGA Bildungs-Verein
Jürgen Gangoly, The Skills Group | Team Farner
T: +431505262513, E: juergen.gangoly@skills.at

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