Tausende TeilnehmerInnen folgten der Einladung des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ) zum Fest der Freude mit einem Konzert der Wiener Symphoniker unter der Leitung von Lahav Shani gemeinsam mit der Sopranistin Chen Reiss. Das Highlight des Fests war die Rede der Zeitzeugin Erika Freeman. Gemeinsam mit weiteren ZeitzeugInnen und Überlebenden, die die Ehrengäste des heutigen Fests waren, trotzten Tausende Menschen dem unsicheren Wetter und feierten am Heldenplatz den Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus. ORF III übertrug die Veranstaltung des MKÖ live und für internationale ZuseherInnen wurde es vom MKÖ mehrsprachig gestreamt. Wien, 08. Mai 2022 – Unter dem diesjährigen Schwerpunktthema „Politischer Widerstand“ veranstaltete das MKÖ bereits zum 10. Mal das Fest der Freude am Wiener Heldenplatz. Tausende BesucherInnen feierten gemeinsam den Tag der Befreiung vom Nazi-Terrorregime, der sich am 8. Mai 2022 zum 77. Mal jährt.
Musikalisch wurde die Veranstaltung mit einem Konzert der Wiener Symphoniker unter der Leitung des Dirigenten Lahav Shani und der Sopranistin Chen Reiss bereichert. Bei der Eröffnung zeigte das MKÖ einen Kurzfilm zum Themenschwerpunkt „Politischer Widerstand“ mit Statements von IKG-Präsident Oskar Deutsch, DÖW-Präsident Michael Häupl, MKÖ-Geschäftsführerin Christa Bauer und Gedenkdienst-Obmann Matthias Spadinger. Traditionell eröffneten der Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen und Willi Mernyi, MKÖ-Vorsitzender, mit ihren individuellen Reden das Freudenfest. Auch Schriftsteller Daniel Kehlmann setzte mit einem Videobeitrag ein Zeichen. Der bekannte Müncher Liedermacher Konstantin Wecker, der usprünglich am Wiener Heldenplatz für musikalische Höhepunkte gesorgt hätte, musste seine Konzerte krankheitsbedingt verlegen und wird im nächsten Jahr beim Fest der Freude seinen Auftritt nachholen.
Der Vorsitzende des Mauthausen Komitees Österreich Willi Mernyi betonte in seiner Ansprache die Bedeutung des Fest der Freude, gerade in Zeiten der Unruhe: „Zivilcourage ist ein Thema, dass uns heute genauso stark begleitet wie damals. Die Zahlen der rechtsextremen Vorfälle und Straftaten steigen jährlich – einerseits im öffentlichen Raum und andererseits vermehrt durch Hasspropaganda im Internet. Darum brauchen wir Menschen, die aufstehen und sich bei den Debatten im öffentlichen Raum beteiligen und Menschen, die sich zu ihren Computern setzen und im Netz gegen Rassismus und Ungerechtigkeit Stellung beziehen.“
Zeitzeugin Erika Freeman flüchtete mit 12 Jahren vor dem NS-RegimeDen Höhepunkt bildeten die Worte der Zeitzeugin Erika Freeman gegen das Vergessen. Erika Freeman ist gebürtige jüdische Wienerin. Sie sprach über ihre Kindheit in Wien, die tragische Lebensumstellung durch den „Anschluss“ Österreichs an Deutschland im Jahr 1938 und teilte ihre Erlebnisse über ihre alleinige Flucht sowie die Geschichte ihrer jüdischen Eltern. Erika Freemans Vater musste 1938 vor den Nationalsozialisten nach Prag flüchten. Er war auch Sozialdemokrat und Außenminister im Schattenkabinett der Sozialdemokratie. Als zwölfjähriges Mädchen musste Freeman im März 1940 vor dem Naziregime nach New York flüchten. Nach ihrem Psychologie-Studium an der Columbia University startete sie eine erfolgreiche Karriere als Psychoanalytikerin. Bekannte Persönlichkeiten, wie Marilyn Monroe oder Woody Allen war sie eine mentale Stütze. Freeman kehrt regelmäßig in ihre alte Heimat Österreich zurück und setzt sich unermüdlich gegen das Vergessen, für Frauenrechte und für Israel ein.
Musikalische Höhepunkte mit Wiener Symphonikern und Sopranistin Chen ReissEines der musikalischen Highlights bildete wieder das Konzert der Wiener Symphoniker, dieses Jahr unter der Leitung des Dirigenten Lahvi Shani. Eröffnet wurde das Konzert mit dem Stück „Prélude cis-Moll“ von Sergei Rachmaninov, weiters standen auf dem Musikprogramm Krzysztof Pendereckis „Ciaccona", „Morgen“ von Richard Strauß und die 9. Symphonie „Aus der neuen Welt“ von Antonín Dvořák. Auch die Sopranistin Chen Reiss trat beim Fest der Freude heuer auf. Wie in den letzten Jahren schloss auch das diesjährige Fest der Freude mit Ludwig van Beethovens „Ode an die Freude“ aus der 9. Symphonie.
Das Fest der Freude ist auf www.festderfreude.at und dem YouTube Kanal des Mauthausen Komitee Österreichs abrufbar. Die Sondersendung, der Festakt und das Konzert sind via ORF III nach der TV-Ausstrahlung als Video-on-Demand unter http://tvthek.orf.at/ verfügbar.
Statements:
Karl Nehammer, Bundeskanzler:
„Am 8. Mai feiern wir die Befreiung vom Nationalsozialismus und das Ende des Zweiten Weltkriegs. Als Republik Österreich haben wir die Verantwortung, immer wieder an die Gräueltaten der Nationalsozialisten zu erinnern und dafür zu sorgen, dass auch künftige Generationen sie niemals vergessen.“
Veronica Kaup-Hasler, Stadträtin für Kultur und Wissenschaft Wien:
„Mit Dankbarkeit erinnern wir uns an den enormen Mut, mit dem im politischen Widerstand gegen Unrecht aufgestanden wurde. Gerade in Kriegszeiten ist es wichtig, Zivilcourage zu beweisen und für Frieden einzutreten, denn der Mut und die Stimmen der Vielen können Enormes bewirken. Das Fest der Freude soll uns allen ein Auftrag und Zeichen der Hoffnung sein."
Johannes Rauch, Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz:
„Gerade in Zeiten, in denen Verschwörungsmythen wieder Zuspruch erhalten, in denen Hassreden über einen einzigen Mausklick verbreitet werden können, ist es unumgänglich, sich für ein weltoffenes Miteinander einzusetzen. Die Kultur der Erinnerung an das dunkelste Kapitel der österreichischen Geschichte muss gegenwärtig umso höher gehalten werden. Österreich trägt an den Gräueltaten der Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus Mitschuld. Die Befreiungsfeier in Mauthausen erinnert uns jedes Jahr wieder an unsere Verantwortung, wachsam zu bleiben und sicherzustellen, dass sich die Schrecken des Nationalsozialismus nie wiederholen.“
Martin Kocher, Bundesminister für Arbeit:
„Der Tag der Befreiung im Jahr 1945 markiert das Ende des furchtbaren NS-Regimes. Das Geschehene darf niemals vergessen werden. Österreich muss sich seiner historischen Verantwortung bewusst bleiben.“
Karoline Edtstadler, Bundesministerin für EU und Verfassung:
„Das Gedenken an die Verbrechen des Nationalsozialismus ist ein wichtiger Bestandteil der Erinnerungskultur in Österreich und in Europa, die wir alle gemeinsam zu jeder Zeit stützen und aufrechterhalten müssen. Nur so können wir sicherstellen, dass sich die dunkelsten Zeiten in unserer Geschichte nicht mehr wiederholen.“
Susanne Raab, Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien:
„Der 8. Mai als Tag der Befreiung erinnert uns an das dunkelste Kapitel unserer Geschichte, an die grausamen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das unvorstellbare Leid während der NS-Zeit. Gerade auch vor dem Hintergrund des schrecklichen Angriffskriegs in der Ukraine ist es wichtig, aufrichtig den Opfern zu gedenken und jenen entgegenzutreten, die die Schrecken der Vergangenheit zur Rechtfertigung ihrer Verbrechen in der Gegenwart missbrauchen.“
Othmar Karas, 1. Vizepräsident des Europäischen Parlaments:
„Der 8. Mai ist ein Grund zur Freude, weil an diesem Tag vor nunmehr 77 Jahren die Herrschaft des Nationalsozialismus dank der Befreiung durch die Alliierten zu Ende gegangen ist. Gleichzeitig ist und bleibt dieser Tag auch einer der tiefen Trauer und des Gedenkens. “Niemals wieder” ist angesichts der vielen antidemokratischen Tendenzen in der ganzen Welt aktueller denn je. Deshalb sollten wir den 8. Mai auch zum Anlass nehmen, uns noch stärker zum politischen Widerstand gegen alle neuen faschistischen Tendenzen zu rüsten und gegenseitig zu ermutigen.“
Dr. Michael Ludwig, Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien:
„Die aus Wien stammende Holocaust-Überlebende und Schriftstellerin Ruth Klüger zitierte Sigmund Freud, als sie in einer Rede zum Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus von kollektiver „Verdrängung“ der nationalsozialistischen Gräuel sprach. Nicht nur der Einzelne, auch eine Gesellschaft könne Teile ihrer Vergangenheit verdrängen, meinte Klüger. Dagegen hilft nur eines: erinnern, bezeugen und informieren! Und dafür steht das Mauthausen Komitee Österreich, das mit dem „Fest der Freude“ und der „Internationalen Gedenk- und Befreiungsfeier“ sowohl an den Terror der Nationalsozialisten und deren Opfer als auch an die Zivilcourage und den Widerstand der Antifaschistinnen und Antifaschisten sowie an die Befreiung von der Gewaltherrschaft der Nazis Jahr für Jahr verlässlich erinnert.“
Christoph Wiederkehr, Vizebürgermeister von Wien:
„Es ist unsere Pflicht, aus der Vergangenheit zu lernen, in der Gegenwart Zivilcourage zu zeigen und den Blick demütig in die Zukunft zu richten. Das bedeutet, jeden Tag überzeugt gegen Diskriminierung, Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus und jede Art von Ausgrenzung einzutreten.“
Ernst Woller, Landtagspräsident Wien:
„Wir Politiker*innen sind dazu angehalten, ein politisches System zu garantieren, das für soziale Sicherheit und Frieden sorgt. Wir müssen für eine Gesellschaft stehen, die über alle Partei- und Religionsgrenzen zusammenhält. Und die mit Entschiedenheit und Zivilcourage jede Form von Antisemitismus und Rassismus bereits in ihren Anfängen bekämpft. Und zu dieser Zivilcourage auch ermutigt.“
Manuela Khom, Landtagspräsidentin Steiermark:
„Es ist wichtig und notwendig die Erinnerung an die Verbrechen der NS-Zeit wieder und wieder, von Generation zu Generation weiterzugeben und zu wahren. Neben dem Gedenken an die Opfer dieser Zeit, soll uns die Erinnerung als mahnender Appell begleiten, wenn wir künftige Entwicklungen des politischen Geschehens beobachten. Aus der Vergangenheit wissen wir, wie wichtig das frühe Erkennen von den Anfängen demokratiezerstörerischer Entwicklungen ist, bevor jeglicher Widerstand mit eiserner Härte zerstreut wird. Darum sind wir alle laufend gefordert, achtsam und mit offenen Augen Prozesse mitzuverfolgen und wenn nötig Widerstand zu leisten.“
Verena Dunst, Landtagspräsidentin Burgenland:
„Das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ist unsere Verpflichtung, damit uns das Leid und die Qualen dieser Menschen uns eine stete Ermahnung für die Zukunft bleiben! Gedenkstätten wie Mauthausen verdeutlichen, dass Demokratie hohe Wachsamkeit gegenüber Tendenzen und Entwicklungen braucht, die einem neuen Extremismus den Weg bereiten könnten.“
Thomas Stelzer, Landeshauptmann Oberösterreich:
„Geschichte ist nie vergangen, sie wirkt immer auch in die Gegenwart und die Zukunft herein. Wie bedeutend das Erinnern für das Heute und Morgen ist, wird bei den Themen“ Widerstand und Zivilcourage“ besonders deutlich. Ich bin daher dankbar, dass das Mauthausen Komitee in diesem Jahr diesen Aspekt in den Mittelpunkt des Gedenkens stellt. Mit Stolz und Dankbarkeit erinnern wir uns an die Menschen, die den Mut gehabt haben, sich offen gegen das NS-Regime zu stellen. Gleichzeitig eint uns das Bekenntnis dazu, alles zu tun, dass ihr Heldentum nie wieder notwendig werden wird.“
Hermann Schützenhöfer, Landeshauptmann Steiermark:
„Auch 77 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen dürfen wir diese dunklen Kapitel unserer Geschichte niemals vergessen. Denn es ist unsere Pflicht die Gräueltaten aufzuarbeiten und die mahnenden Erinnerungen an die Verbrechen aufrechtzuerhalten. Das unsagbare Leid in der Ukraine zeigt uns leider schmerzlich, dass Friede und Freiheit keine Selbstverständlichkeit sind. Wir müssen daher jeden Tag gemeinsam für eine vielfältige Gesellschaft, die gegen jegliche Art der Diskriminierung und Ausgrenzung kämpft, eintreten.“
Reinhart Rohr, Landtagspräsident Kärnten:
„Der Jahrestag zur Befreiung des KZ Mauthausen ist nicht nur ein Mahnmal an die Vergangenheit, sondern vor allem ein Auftrag für die Gegenwart und Zukunft. Denn wir gedenken der Befreiung von der nationalsozialistischen Terrorherrschaft heute unter ganz besonderen Voraussetzungen: Es tobt ein Krieg in Europa. Umso mehr aber braucht es diese gegenwartsbezogene Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit. Das Fest der Freude ist gleichzeitig auch eine Bekundung der Solidarität mit allen Menschen, die aktuell von Unrecht, Unterdrückung und Verfolgung betroffen sind.“
Sandra Schoch, 2. Vizepräsidentin im Vorarlberger Landtag:
„Um Widerstand gegen dieses systemische Vergessen zu leisten, haben die Landeshauptstadt Bregenz, das Land Vorarlberg und der Vorarlberger Gemeindeverband ein Widerstandsmahnmal für Vorarlberg konzipiert und umgesetzt. Gestaltet von der kärntner-slowenischen Künstlerin Nataša Sienčnik zeigt das Denkmal die Namen und Kurzbiografien von 100 Vorarlbergerinnen und Vorarlbergern die sich dem nationalsozialistischen Unrechtsregime widersetzt haben. Sie stehen für alle Widerstandskämpfer:innen, Deserteure und Wehrdienstverweigerer, und für alle Bürger: innen die Verfolgten und Misshandelten gegenüber menschlich gehandelt haben.“
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