09.09.2020    1 Bild

Gutmann Kompakt September 2020

Trotz Corona ist wirtschaftlich wieder vieles in Ordnung
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Herbstbätter und Schutzmaske

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Steigende Infektionszahlen lassen aber einen schwierigen Herbst befürchten

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Steigende Infektionszahlen lassen aber einen schwierigen Herbst befürchten
Die Wirtschaft in der Eurozone ist im zweiten Quartal 2020 um 12,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal geschrumpft, im Vorjahresvergleich waren es gar minus 15 Prozent. Das heißt, dass in diesen drei Monaten um etwa 300 Milliarden Euro weniger Wirtschaftsleistung generiert wurde als im gleichen Zeitraum davor. Das ist eine atemberaubende Zahl, die sich glücklicherweise nicht so bald wiederholen wird. Denn aktuell weist die Stimmung der Unternehmen wie auch der Konsumenten auf Wachstum hin. Der Optimismus überwiegt und begleitet uns auch in den Herbst. Und so negativ die vorhin genannte Zahl auch ist, so unzureichend gibt sie das aktuelle Stimmungsbild in der Wirtschaft wieder.

Im aktuell wirtschaftlich volatilen Umfeld ist es derzeit ratsam, auf aussagekräftigere Daten zurückzugreifen. Dafür bieten sich insbesondere zwei Parameter an: Einerseits ist es weiterhin wichtig, die Ausbreitung des Corona-Virus in absoluten Zahlen im Auge zu behalten. Andererseits gibt es verschiedene Datenanbieter, die beispielsweise die Mobilität der Menschen messen. Beide Gradmesser sind tagesaktuell verfügbar und ermöglichen eine bessere Einschätzung als dies anhand der zurückliegenden Quartalsdaten möglich wäre.

Betreffend der Pandemie-Zahlen zeigt sich in der Eurozone ein unerfreuliches Bild,  denn die Neuinfektionen steigen tendenziell wieder an. Das ist auch der Urlaubssaison und den damit einhergehenden Testungen geschuldet. Die Spirale dreht sich noch weiter: Kaum enden die Ferien, beginnen die Schulen und dann die Hochschulen. Alles wird sich ab Herbst in die Innenräume verlagern. Das bedeutet, dass die Infektionszahlen wieder Höhen erreichen werden, die politisches Handeln erforderlich machen. Ein erneuter Lockdown scheint derzeit kein Thema zu sein, Einschränkungen in verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens lassen sich aber nicht ausschließen.

Mitunter verändern die Menschen aber ihr Verhalten auch ohne politische Eingriffe. In Spanien haben die gestiegenen Corona-Zahlen bewirkt, dass die Mobilität deutlich gesunken ist. Dies verursacht jedoch auch eine geringere wirtschaftliche Tätigkeit – es wird weniger ausgegeben. Über die Sommermonate hat die Mobilität wieder zugenommen und lag ähnlich hoch wie vor der Krise. Die Menschen wollten verständlicherweise nicht auf ihre wohlverdiente Auszeit verzichten, haben aber die Art und Weise des Urlaubs geändert. Flug- und Fernreisen gingen deutlich zurück, Binnentourismus und Kurzdestinationen hingegen, die per eigenem PKW erreichbar sind, haben stark dazugewonnen.

Politik und Europäische Zentralbank (EZB) stemmen sich mit zahlreichen Maßnahmen gegen die Corona-Wellen, um die wirtschaftlichen Schäden möglichst gering zu halten. Erst kürzlich hat etwa die deutsche Bundesregierung eine Verlängerung der Kurzarbeit beschlossen. Und auch die Zentralbank hält an ihren Maßnahmen fest. Eine Teuerungsrate von aktuell 0,4 Prozent im Jahresvergleich macht es auch nötig, expansiv zu sein, um das Inflationsziel zu erreichen. Die beiden Steuerungsorgane Fiskal- und Geldpolitik sind also in die gleiche Richtung orientiert und das schafft eine wichtige Voraussetzung für eine rasche und vor allem nachhaltige Erholung.

Gute heimische Nachfrage stützt Wirtschaft in China
Die Volksrepublik konnte auch im August ihre Erholung fortsetzen. Soviel kann man anhand täglicher Daten, die beispielsweise den KFZ-Verkehr dokumentieren, bereits ablesen. Der Weg zur Normalisierung scheint weiterhin aufrecht und stellt somit eine geringer werdende Belastung für die Wirtschaft dar.

Daten, die weniger zeitnah zur Verfügung stehen, stützen dieses Bild. So stiegen die Fahrzeugverkäufe im Juli 2020 um etwa 16 Prozent (im Jahresvergleich). Der gesamte Einzelhandel schrumpfte zwar noch ein wenig, aber die erwähnte Steigerung im Autobereich legt den Schluss nahe, dass der Einzelhandel-Rückgang sehr bald sein Ende finden wird.

Die Bauwirtschaft konnte stark zulegen und profitiert offenbar von der steigenden Liquidität innerhalb der chinesischen Wirtschaft. Das führt einerseits dazu, dass die Verkäufe zunehmen aber auch zu zahlreichen neuen Projekten. Der Bausektor dürfte auch noch in den kommenden Monaten ein Wachstumstreiber bleiben.

Ein mittlerweile wieder höherer Wachstumsbeitrag fließt aus den Exporten: Sie haben im Juli, verglichen zum Vorjahr, um 7,3 Prozent zugelegt. Auffällig dabei ist, dass insbesondere die Nachfrage nach Computern, Handys und anderen High Tech-Produkten zugenommen hat. China profitiert allem Anschein nach von der sprunghaft gestiegenen globalen Nachfrage rund um Digitalisierung und allem, was man dafür benötigt.

Damit befindet sich China also weiterhin auf einem guten Weg. Die konjunkturelle Erholung dürfte sich auf absehbare Zeit fortsetzen. Zentralbank und Regierung werden dieser Entwicklung unterstützend zur Seite stehen.

US-Wirtschaft erholt sich weiter im Corona-gebremsten Tempo
Der Einbruch der US-Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal fiel gemäß der zweiten Schätzung etwas weniger stark aus als befürchtet. Laut letztem Stand betrug der annualisierte Rückgang des realen BIP 31,7 Prozent. Glücklicherweise liegt das schon hinter uns und die Rezession scheint vorbei zu sein. Wenngleich auch für die USA gilt, dass die „klassischen“ Kennzahlen derzeit nur bedingt hilfreich sind, um die wirtschaftliche Entwicklung einschätzen zu können. Zum einen liegt es an der Zeitverzögerung, mit der sie veröffentlicht werden. Zum anderen schwanken gerade die Prozentveränderungen im Monats- oder Quartalsvergleich zu stark, um gut einschätzbar zu sein, oder aufgrund der Besonderheit der Situation einen guten Gradmesser darzustellen.

Auch für die Vereinigten Staaten empfiehlt es sich also im derzeitigen Umfeld auf höher frequente Daten zurückzugreifen. Die Neuinfektionen erreichten Mitte Juli ihren bisherigen Höhepunkt. Seither sinken die Zahlen. Die Südstaaten sind nach wie vor überproportional betroffen, Kalifornien und Texas bilden derzeit die unglückliche Spitze im US-Ranking. Andere Bundesstaaten, die bislang eher unauffällig waren, verzeichnen jedoch zuletzt stärker steigende Zahlen. Besonders zu nennen sind hier Alabama oder Tennessee. Generell ist es jedoch so, dass der R-Wert für die Vereinigten Staaten seit Juli gesunken ist und aktuell unter Eins liegt – bei einem Wert unter 1 ist die Pandemie vorerst ausgebremst. Das ist ein positives Signal.

Dennoch deuten viele Daten darauf hin – etwa die Mobilität – dass die Pandemie die Wirtschaft noch immer stark beeinträchtigt. Je nach Bundesstaat liegt man etwa zehn bis zwanzig Prozent unter dem Niveau vor der Krise. Ein Indikator ist auch die Flugbranche: Die Zahl der Flugpassagiere liegt weit unter den üblichen Werten. Daher ist es auch nicht überraschend, dass viele Unternehmen im Segment der Klein- und Mittelbetriebe nicht mehr oder noch nicht geöffnet haben – mit den entsprechenden Implikationen auf den Arbeitsmarkt. Hier gibt es also für die politischen Entscheidungsträger noch Handlungsbedarf. Die Tatsache, dass Ende Juli das Hilfsprogramm für Arbeitslose ausgelaufen ist und bislang noch keine Fortsetzung beschlossen wurde, stellt ein Risiko dar. Grundsätzlich gehen wir aber davon aus, dass angesichts der kommenden US-Präsidenten-Wahl keine Partei ein Interesse an solchen Problemen hat und daher eine Lösung gefunden werden wird.

Die US-Notenbank hat indes ihre geldpolitische Ausrichtung adaptiert und verfolgt in Zukunft eine Strategie, die vermehrt auf Beschäftigung achtet und das zweiprozentige Inflationsziel etwas lockerer definiert. Es soll künftig als Durchschnitt über einen nicht näher festgelegten Zeitraum erreicht werden. Eine Annäherung an Vollbeschäftigung soll in Zukunft nicht automatisch eine weniger restriktive Geldpolitik zur Folge haben. Denn die Verbindung zwischen Arbeitsmarkt und Teuerung (die sogenannte Phillips-Kurve) funktioniere nicht mehr so wie in der Vergangenheit, heißt es. Die Notenbank räumt sich damit einen größeren Handlungsspielraum ein. Zinsanhebungen sind (beziehungsweise bleiben) in weiter Ferne. Und Teuerungsraten, die gemäßigt über zwei Prozent liegen, gehören von nun an zum „normalen“ und geduldeten Umfeld.

Auf kurze Sicht dürfte das kein Problem darstellen. Aktuell liegt das relevante Maß für die Inflation bei knapp unter einem Prozent. Angesichts der stark gestiegenen Arbeitslosenrate dürfte es trotz der grundsätzlich guten wirtschaftlichen Erholung viele Monate dauern, bis nachhaltiger Druck auf die Preise entsteht.

Gewichtung der Anlageklassen

Bullen-Sommer in den USA
Der Sommermonat August brachte starke Zugewinne im US-Aktienmarkt. Einmal mehr waren es alle Themen rund um die Digitalisierung, welche die Kurse antrieben – vor allem für die Gewinnsaison für das zweite Quartal. Erstaunliche 84 Prozent der S&P 500 Unternehmen überraschten mit positiven Gewinnnachrichten. Das ist der höchste Wert der letzten zehn Jahre. Doch dieser Wert misst lediglich die Abweichung zur Schätzung der Finanzanalysten. Waren ihre Erwartungen zu negativ oder lieferten die Unternehmen so gute Zahlen ab? Sicherlich das Erstere. Denn: Obwohl die Firmen besser als die Analystenmeinungen abschnitten, sind die Gewinne im zweiten Quartal um 31,8 Prozent zurückgegangen. Immerhin der stärkste Rückgang seit dem ersten Quartal 2009. Weniger dramatisch gingen die Umsätze zurück: Sie fielen um 8,7 Prozent.

Bewertungen steigen
Entsprechend hat sich die Bewertung in den USA über die letzten Wochen und Monate nach oben geschraubt. Wenn Kurse steigen und die Gewinne fallen, dann werden Aktien teurer, beides bildet sich im Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ab. Das geschätzte KGV der nächsten 12 Monate liegt in den USA bei 22,8 und damit weit über dem 10-Jahres-Schnitt von 15,4.

Im Rest der Welt geht es wesentlich gedämpfter zu. Nach der Erholung im April und Mai liefen die Preise in den letzten drei Monaten seitwärts. Die Weltaktien exklusive den USA liegen einiges unter den Höchstständen von Februar 2020 und auch die Bewertungen sind deutlich geringer.

Zusammenfassend kann man sagen, dass im Technologiesektor die Musik spielt und der Rest des Marktes deutlich die Effekte einer schwachen Wirtschaft spürt. Es sind vor allem die hohen Bewertungen der wichtigen US-Börse, die uns zur Vorsicht mahnen. Doch da der Rest der Welt keine überzogene Bewertung zeigt und Sachgüter wie Aktien durch die weltweite Notenbankpolitik (siehe unten) an Attraktivität gewinnen, evaluieren wir aktuell einen leichten Schritt in Richtung Neutral.

Die Fed meldet sich zu Wort
Ein Faktor, der die Aktien stützt, sind die weltweit tiefen Zinsen. Aufhorchen ließ im August US-Notenbankchef Jerome H. Powell. Traditionell sind für die US-Fed die Ziele Preisstabilität und Beschäftigung gleichwertig gewesen. Jetzt betont Powell die Wichtigkeit eines starken Arbeitsmarktes. Vollbeschäftigung hat einen sehr hohen Stellenwert.

Zukünftig will man Preisabweichungen oberhalb des Inflationsziels im Aufschwung tolerieren. Auch sind die zwei Prozent Inflation kein absolutes Limit mehr, sondern wie oben erwähnt ein langfristig angestrebter Durchschnitt. Man wird sehen, inwieweit die Europäische Zentralbank (EZB) sich von diesen Maßnahmen inspirieren lässt. Zwischenzeitlich ist das Pandemiekaufprogramm PEPP viel geringer, als es sein könnte. Verstärkte Käufe waren auch nicht notwendig und die EZB hält ihr Pulver trocken.
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