Gutmann CIO-Update Oktober Volkswirtschaft und Geldpolitik Die Notenbanken lassen die Muskeln spielen Nach der Sommerrally dominiert derzeit wieder steigende Volatilität den Markt. Das liegt einerseits an markigen „Hawkishen“ Sprüchen einiger Notenbankakteure (die „Falken“ an der Börse befürworten eine restriktive Geldpolitik), die die Leitzinsprojektionen erneut ansteigen ließen. Andererseits sind auch die Ereignisse in Großbritannien als Auslöser dafür zu sehen. Die neu formierte konservative Regierung möchte die Wirtschaft nicht nur mit einer Deckelung der Energiekosten für Verbraucher und Wirtschaft vor dem drohenden Absturz bewahren, sondern zugleich mit massiven Steuersenkungen das Wachstum ankurbeln. Es wird befürchtet, dass mit den avisierten Maßnahmen die ohnehin hohe Inflation in Großbritannien zusätzlich angeheizt wird, während die Staatsverschuldung aus dem Ruder läuft. Damit würde die Kernaufgabe der Bank of England, die Teuerung wieder unter Kontrolle zu bekommen, massiv erschwert. Aktuelle Frühindikatoren deuten auf nachlassende Konjunkturaussichten für Deutschland und den Euroraum hin. Mit Blick auf Deutschland liegt das ifo-Geschäftsklima nach einem neuerlichen Einbruch unweit der Tiefstände in der Finanzkrise. Das könnte für verstärktes Kaufinteresse bei den stark gestiegenen Renditeniveaus sorgen, zumal wachsende Ängste vor einer Wirtschaftskrise die derzeit eingetrübte Rentenmarktstimmung ins Positive umkehren könnten. Der Fokus liegt auf Italien Nach dem klaren Wahlsieg von Ende September wird voraussichtlich die Mitte-Rechts-Allianz unter der Führung von Giorgia Meloni die Regierung stellen. Einige fiskalische Versprechen im Wahlkampf deuten in eine ähnliche Richtung wie die aktuellen Pläne der britischen Regierung. Dies ließ die Renditeaufschläge italienischer Staatsanleihen steigen, obwohl derzeit die Politik nicht Haupttreiber für diese Entwicklung ist. Gewichtung der Anlageklassen Aktienquote auf Übergewichtet Die Marktteilnehmer haben sich mittlerweile an die hohen Elektrizitätspreise und Probleme der europäischen Energieversorgung gewöhnt. Die Börse zeigte sich angesichts der entschlossenen Vorgangsweise der europäischen und amerikanischen Zentralbank zwar kurz verunsichert, der letzte Zinsschritt der Europäischen Zentralbank EZB wurde jedoch positiv aufgenommen. Und aus Erfahrung wissen wir, dass die Börse meist einen Schritt voraus ist und zukünftige Entwicklungen bereits einpreist. Wir haben Mitte September die Aktienquote erhöht, in der Erwartung, dass sich die dunklen Wolken lichten. Nur wer optimistisch bleibt, wird Chancen erkennen und ergreifen. Bodenbildung und Aufschwung Der September brachte aus Sicht lokaler Währungen und auch durch die Brille der US-Dollar-Investoren neue Tiefstände. Aufgrund des hohen Anteils der US-Aktienmärkte in den Weltaktienindizes wurde der Abschwung für Euro-Investoren etwas gedämpft. Verantwortlich ist die Stärke der amerikanischen Währung. Eines gilt jedoch für Aktionäre weltweit: Die Stimmung ist seit Monaten stark negativ. Einen Lichtblick bietet der US-Präsidentschaftszyklus. Historisch gesehen sind mit den US-Zwischenwahlen im November, den sogenannten Midterm Elections, positive Impulse für die Kapitalmärkte verbunden. Wir erwarten daher einen Aufwind an den Börsen. In Kombination mit tendenziell positiveren Börsen gegen Jahresende verbessern sich auch die Marktaussichten. Qualität gibt Vertrauen Die Entscheidung, die strategische Aktiengewichtung aktiv nach oben oder unten zu korrigieren, ist niemals klar und eindeutig. Es sind wenige Datenpunkte, die letztendlich den Ausschlag geben. Die Anhebung der Aktien erfolgte mehrheitlich über Dividendenaktien, die dieses Jahr durch ihre defensive Qualität sogar ein leichtes Plus schafften. 2022 war bis jetzt ein „annus horribilis“ für gemischte Depots, denn Aktien wie Anleihen kamen kräftig unter Druck. Aus unserer Sicht kann dieser Rücksetzer aufgeholt werden. Die Geschichte zeigt, dass gerade turbulente Zeiten, wie wir sie aktuell erleben, ideale Kaufzeitpunkte bieten. Genau den richtigen Einstieg zu wählen, ist nahezu unmöglich, doch unsere Renditeerwartung für die kommenden 12 Monate ist positiv. Anpassung der Anleihengewichtung Auch bei den Anleihen haben wir im September eine Veränderung vorgenommen: Wir haben unsere hohe Gewichtung der inflationsgebundenen Anleihen von 14 % auf 10 % reduziert. Die Papiere haben sich in Relation zum restlichen Anleiheteil besser entwickelt und die relative Attraktivität hat abgenommen. Die dadurch entstandene Liquidität wurde in den verbleibenden Anleiheteil investiert. Die Zielduration ist weiterhin 4 Jahre. Bei den USD-Mandaten reduzierte sich der Anteil von 13 % auf 10 %. Die Zielduration verbleibt bei 4,5 Jahren.