Gutmann CIO-Update September Klare Ansagen der Geldpolitik Ende August fand in Jackson Hole, Wyoming (USA) die weltweit wichtigste geldpolitische Konferenz des Jahres statt. Angesichts der Inflationssorgen an den Finanzmärkten stand das Symposium heuer besonders stark im Rampenlicht. Die Notenbanker sparten nicht mit klaren Ansagen. „Wir hören nicht auf, bis wir am Ziel sind“, kündigte US-Notenbankchef Powell weiter einen harten Kampf gegen die Inflation an. Er signalisierte, dass die Zinsen für eine längere Zeit auf einem hohen Niveau verharren könnten und sprach sich auch deutlich zu den harten Konsequenzen dieses Kurses aus. Man müsse auf längere Zeit von einem schwächeren Wachstum sowie einem schwächeren Arbeitsmarkt ausgehen. „Das wird für Haushalte und Unternehmen schmerzhaft sein“, stellte Powell klar. Die Europäische Zentralbank (EZB) wurde von Notenbank-Direktorin Isabel Schnabel vertreten, die ebenfalls betonte, gegen die hohe Inflation in der Euro-Zone kraftvoll vorgehen zu wollen. Die EZB hatte auf ihrer Zinssitzung im Juli später als alle anderen Notenbanken die Zinswende eingeleitet und den Leitzinssatz um 0,5 Prozentpunkte angehoben und nun nochmals um 0,75 Prozentpunkte. Makrodaten im Spannungsfeld Inflation und Rezession Die Einkaufsmanagerindizes für den Euroraum zeigten im August die Stimmungseintrübung in der Industrie und insbesondere im Dienstleistungssektor. Auf der Inflationsseite überraschten der starke Anstieg der deutschen Produzentenpreise im Juli und damit das Ende der vorherigen Stabilisierungsphase. Ausschlaggebend sind die Preisexzesse am Gas- und Strommarkt, die sich hier unmittelbarer auf Konsumentenebene auswirken. Angesichts der Prognosen ist der Ausblick für die kommenden Herbst- und Wintermonate getrübt. Nachdem die europäische Wirtschaft im Frühjahr noch ein Plus geschafft hat, stehen für das zweite Halbjahr die Zeichen immer mehr auf Rezession. Gewichtung der Anlageklassen Bullen gegen Bären An der Börse dominiert das Gewicht der Bullen und Bären das Geschehen, langfristig zählen die Unternehmensgewinne. Oft sind einzelne gute oder schlechte Nachrichten das Zünglein an der Waage und entscheiden, ob die Bullen – das Symbol für steigende Preise – oder die Bären die Oberhand gewinnen. Bis Mitte Juni stürmten die Bären voran, bis Mitte August wurden sie von den Bullen wieder ausgebremst. Handelte es sich bei dieser Gegenbewegung um eine Bärenmarktrallye, also eine kurzfristige Gegenbewegung, die bald von einer weiteren Welle nach unten zunichte gemacht wird? Oder stehen wir bereits am Beginn eines neuen Bullenmarkts? Fakten versus Emotionen Leider lassen sich diese Fragen nur im Rückblick richtig beantworten, aktuell müssen wir Entscheidungen für eine unsichere Zukunft treffen. Dabei zählen in erster Linie harte Daten, nicht das Bauchgefühl. Wir konzentrieren uns darauf, wie breit die Aufwärtsbewegung tatsächlich ist. Denn die Höhenflüge im März und Mai wurden nur von wenigen Sektoren und Titeln getragen und waren entsprechend kurzlebig. Der letzte Aufschwung hingegen unterscheidet sich durch seine Breite. So stiegen etwa über 90 Prozent der größten 500 US-Aktien über ihren durchschnittlichen Preis der letzten 50 Tage. Natürlich ist das nur ein Puzzlestein unter vielen Indikatoren. Gute Renditen sind am Aktienmarkt in jedem Monat möglich, historisch ist September jedoch immer der schlechteste. Der Präsidentschaftszyklus und die Mid-Term Wahlen in den USA werfen in den nächsten Wochen zudem einen Schatten auf die Märkte. Danach wirkte sich dieser Zyklus in der Vergangenheit jedoch positiv aus. Zusammenfassend hat sich unser Ausblick für die Aktienmärkte etwas aufgehellt. Der September könnte einen interessanten Kaufzeitpunkt bringen. Aber wie heißt es so schön: „Wir werden diese Brücke überqueren, wenn wir dort sind.“ Anleihen im Sog der Inflation An den großen Rentenmärkten beiderseits des Atlantiks lag der Fokus der Anleger:innen auf den inflationstreibenden Aspekten. Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen schnellte erstmals seit rund einem Monat wieder über die 3 Prozent-Marke. Am Euro-Staatsanleihemarkt war der Renditeaufwärtsdruck ebenso spürbar. Italiens Staatsanleihen leiden überdurchschnittlich, die Neuwahl sorgt für Unruhe. Wir halten an unserer durchschnittlichen Duration von 4 Jahren bei Euro- und 4,5 Jahren bei USD-Mandaten fest. Innerhalb unserer Anleihenstrategie sind wir zu 13 Prozent in italienischen Staatsanleihen investiert. Genug, um eine spürbare Renditechance zu haben, aber nicht so viel, dass Italien das Depot dominiert.