26.04.2022    1 Bild

Bildungsklima-Studie der MEGA Bildungsstiftung: Österreichs Kindergärten brauchen einheitliche Standards und mehr Personal

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Mariella Schurz (B&C) und Andreas Ambros-Lechner (MEGA)

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Mehr als 1.200 Eltern und Kindergarten-Pädagoginnen und -Pädagogen beurteilten in einer aktuellen Studie der MEGA-Bildungsstiftung das Bildungsklima in österreichischen Kindergärten. Neben organisatorischen Rahmenbedingungen wurde in dieser zweiten Erhebung zum „Österreichischen Bildungsklima-Index“ der Schwerpunkt auf Betreuungs- und Bildungsqualität sowie auf die Arbeitsbedingungen in den elementaren Bildungseinrichtungen gelegt.

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Wien, 27. April 2022 – Mehr als 1.200 Eltern und Kindergarten-Pädagoginnen und -Pädagogen beurteilten in einer aktuellen Studie der MEGA-Bildungsstiftung das Bildungsklima in österreichischen Kindergärten. Neben organisatorischen Rahmenbedingungen wurde in dieser zweiten Erhebung zum „Österreichischen Bildungsklima-Index“ der Schwerpunkt auf Betreuungs- und Bildungsqualität sowie auf die Arbeitsbedingungen in den elementaren Bildungseinrichtungen gelegt. Der wissenschaftlich begleitete „Bildungsklima-Index“ wurde 2021 von der MEGA Bildungsstiftung ins Leben gerufen und erhebt regelmäßig Daten zur Entwicklung des heimischen Bildungssystems.

Die aktuelle Kindergarten-Studie zeigt einige neue „Baustellen“ im elementarpädagogischen Bildungssystem auf und bestätigt zusätzlich, die zuletzt bei Streiks und Demonstrationen kommunizierten Forderungen von Personalvertretern und Interessensvertretungen. Viele österreichische Kindergärten sind von Personalmangel und Nachwuchssorgen bei qualifiziertem Personal betroffen. Pädagoginnen und Pädagogen sehen hier ebenso wie Eltern akuten Handlungsbedarf. Beide Befragungsgruppen konstatieren eine zu hohe Kinderanzahl in den Kindergartengruppen und dadurch zu wenige Möglichkeiten für individuelle Betreuung – besonders für Kinder mit speziellen Bedürfnissen.

Große Unzufriedenheit empfinden die österreichischen Kindergarten-Pädagoginnen und - Pädagogen aufgrund der geringen gesellschaftlichen Wertschätzung, die ihrem Beruf entgegengebracht wird: 66 Prozent bewerten diese mit „genügend“ bzw. „nicht genügend“. Auch mangelnde IT-Ausstattung (23% vergeben ein „nicht genügend“) und die persönliche Arbeitsplatzausstattung (32% „nicht genügend“) sind häufig genannte Gründe für Probleme und Unzufriedenheit am Arbeitsplatz Kindergarten.

Das allgemeine Klima in den Kindergärten und deren Ausstattung im pädagogischen Bereich wird hingegen mehrheitlich mit „sehr gut“ bis „gut“ bewertet – und damit deutlich besser als es der 1. Bildungsklima-Index 2021 für den Schulbereich mit „befriedigend“ auswies. Vor allem in ländlichen Regionen gibt es jedoch viele Eltern, die mit den Öffnungszeiten der Kindergärten und den Betreuungsmöglichkeiten in den Ferien unzufrieden sind (österreichweit 27% „befriedigend“ bis „nicht genügend“). Generell zeigen die Studienergebnisse jedoch große Bundesländer-Unterschiede auf, viele davon in Bereichen, in denen österreichweit einheitliche Standards zu erwarten wären: Etwa bei der Betreuungsqualität, den Betreuungszeiten sowie beim Management und den Arbeitsbedingungen in den Kindergärten.

Dazu Andreas Ambros-Lechner, Generalsekretär der MEGA Bildungsstiftung: „Bundesweit einheitliche Standards und beste Rahmenbedingungen für hochqualitative Arbeit in den Kindergärten sind dringend notwendig. Der Hebel für mehr Chancenfairness ist im Elementarbereich am größten.“

Bildungsklima-Index: Handlungsfelder auf dem Weg zum „sehr gut“ für Österreichs Kindergärten
Aus den Studienergebnissen ergeben sich folgende Notwendigkeiten und Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung, um rasch bestehende Probleme zu beheben und eine weitere Verbesserung der Elementarbildung in ganz Österreich zu erreichen:

  1. Chancenfairness für Kinder, Eltern und Kindergartenpersonal – österreichweit einheitliche Standards: Qualität, Betreuung und Zusatzangebote
  2. Kleinere Gruppen, Fachkraft-Kind-Schlüssel senken auf 1:8
  3. Mehr qualifiziertes Personal zur Betreuung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen
  4. IT-Ausstattung auch in Kindergärten verbessern, inkl. digitaler Weiterbildung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  5. Kooperationen und Einsatz von Spezialistinnen und Spezialisten fördern und ausbauen (z. B. Logopädinnen und Logopäden, Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, Sozialarbeit, Jugendwohlfahrt, Schule, NGOs), verbunden mit Verdoppelung der Vorbereitungszeit für Pädagoginnen und Pädagogen
  6. Zurückfahren von Administration und Dokumentationspflichten – mehr Zeit für Bildung und Betreuung
  7. Leadership- und Management-Ausbildungen für Kindergarten-Leiterinnen und -Leiter
  8. Imageförderung für pädagogische Berufe, mehr Männer für Kindergarten-Berufe begeistern
  9. Innovative und attraktivere Ausbildungskonzepte – bezahlte, duale Ausbildung und Umschulungsprojekte österreichweit wegen Nachwuchsproblematik und erhöhtem Personalbedarf dringend notwendig
  10. Initiativen zur Verbesserung der Kommunikation und Beziehung zwischen Pädagoginnen, Pädagogen und Eltern

Detailergebnisse der Studie „Bildungsklima-Index Kindergärten“
Sample: 1.246 Interviews (764 Eltern, 482 Kindergarten-Pädagoginnen- und Pädagogen, -Leiterinnen und -Leiter, - Assistentinnen und -Assistenten, Februar bis April 2022), durchgeführt in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Triple M

Allgemeines Betreuungsumfeld und Kindergartenorganisation zumeist mit Note „gut“ bewertet
Mehr als 50 Prozent der befragten Eltern und Kindergarten-Pädagoginnen und -Pädagogen bewerten die allgemeinen Rahmenbedingungen in Österreichs Kindergärten mit „sehr gut“ oder „gut“, wobei es österreichweit signifikante Unterschiede, etwa bei der Bewertung von Öffnungszeiten oder der Ausstattung der Kindergärten gibt. Österreichweit bewerten Eltern die Faktoren „Ausstattung mit Spielsachen/Beschäftigungsmaterial“ (54% „sehr gut“), das „Allgemeine Klima, wie gern das Kind in den Kindergarten geht" (56% „sehr gut“) und die „Täglichen Öffnungszeiten" (51% „sehr gut“) besonders gut. Am unzufriedensten waren die Eltern im Befragungszeitraum mit dem „Umgang zwischen Konflikten zwischen den Kindern im Kindergarten untereinander“ (20% „genügend“ oder „nicht genügend“), mit dem Management der Corona-Pandemie, der daraus entstandenen sozialen Themen (24% „genügend“ oder „nicht genügend“) und mit den Betreuungsmöglichkeiten in den Ferien und anderen Schließtagen (26% „genügend“ oder „nicht genügend“). Insbesondere im ländlichen Raum sind die Öffnungszeiten der Kindergärten für große Teile der Eltern unzulänglich. Gute Noten von Pädagoginnen und Pädagogen gibt es bei der Bewertung des allgemeinen Klimas in den Kindergärten und wie gerne Kinder in den Kindergarten kommen (66% „sehr gut“ vs. 56% „sehr gut“ bei den Eltern), bei den täglichen Öffnungszeiten (61% „sehr gut“) und den Betreuungsmöglichkeiten in den Ferien (58% „sehr gut“ vs. Eltern 39% „sehr gut“).

Folgende Faktoren beurteilen Österreichs Kindergarten-Pädagoginnen und -Pädagogen am schlechtesten: „Allgemeine Ausstattung des Kindergartens: Gebäude, Gruppenräume, Turnsaal, Garten, Möbel, Einrichtung“ (nur 21% „sehr gut“, 47% „befriedigend“ bis „nicht genügend“), „Kommunikation mit den Eltern über Telefon oder Videokonferenz, Plattformen wie z. B. KidsFox, E-Mail ...“ (27% „sehr gut“, 41% „befriedigend“ bis „nicht genügend). Pädagoginnen und Pädagogen (42% Rang 1 oder 2) wünschen sich besonders „Verbesserungen zur Betreuung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen“. Auf Platz 2 im Ranking der notwendigen Verbesserungen (41% Rang 1 oder 2), liegen aus Sicht der Pädagoginnen und Pädagogen Verbesserungen der „allgemeinen Ausstattung des Kindergartens.“

Qualität und Kompetenzvermittlung: Mehr als 50 Prozent „sehr gut” für Kreativität, Spielen und Lernen von Alltagshandlungen
Österreichs Eltern sind besonders zufrieden, wie gut Kindergarten-Pädagoginnen und- Pädagogen den Kindern kreative Kompetenzen (53% „sehr gut", MW: 1,7) vermitteln, ihnen das freie und selbständige Spielen ermöglichen (55% „sehr gut", MW: 1,6) und sich um Alltagshandlungen wie Essen, An- und Ausziehen etc. sorgen (54% „sehr gut", MW: 1,6). Auch Pädagoginnen und Pädagogen sehen hier ihre Stärken und bewerten ihre Kompetenzen in den Feldern „Kreativität“ (56% „sehr gut"), „Spielen“ (64% „sehr gut") und „Alltagshandlungen“ (60% „sehr gut") entsprechend.

Aufholbedarf sehen beide Befragungsgruppe jedoch bei der Schulvorbereitung, im Umgang mit Emotionen, beim Bewegungsangebot und bei sozialen Beziehungen sowie in der Kommunikation. Nur je 32 Prozent der Eltern benoten den Umgang mit Emotionen und die „Vorbereitung auf die Volksschule“ im Kindergarten mit „sehr gut“ (34% „befriedigend“ bis „nicht genügend“). Die Bereiche „Umgang mit Emotionen“ (37% „sehr gut") und „Vorbereitung auf die Volksschule“ (39% „sehr gut") finden sich auch bei der Bewertung durch Pädagoginnen und Pädagogen am Ende des Rankings aller abgefragten Kompetenzen und Vermittlungsbereiche.

Großbaustellen: Personalmangel, Gruppengrößen, Gehalt, IT und Arbeitsplatzausstattung
Besondere Unzufriedenheit herrscht bei Kindergarten-Pädagoginnen und -Pädagogen mit der IT-Infrastruktur und den Internet-Zugängen an Kindergärten. Die Studie weist zudem aus, dass die Berufsgruppe vor allem dann mit ihrem persönlichen Arbeitsumfeld unzufrieden ist, wenn für Vorbereitungsarbeiten kein adäquater Arbeitsplatz zur Verfügung steht. 42 Prozent der Befragten sehen hier dringenden Handlungsbedarf. Die Detailbetrachtung in den Bundesländern zeigt auf, dass hier ein starkes West-Ost-Gefälle vorhanden ist. Das Kindergarten-Personal in Westösterreich (T/Vbg) bewertet ihr Arbeitsumfeld deutlich besser als dies in Ostösterreich und im urbanen Raum der Fall ist.

Pädagoginnen und Pädagogen sehen großen Bedarf für mehr Coaching, Beratung und Supervisionsmöglichkeiten, um auf die vielfältigen Veränderungen in Kindergärten und den damit verbundenen hohen Anforderungen im Vorfeld entsprechend reagieren zu können. Nur zehn Prozent sehen sich hier ausreichend unterstützt.

In einer offenen Fragestellung zu den größten Problemfeldern in den österreichischen Kindergärten geben die Pädagoginnen und Pädagogen auf Platz 1 den immer größer werdenden Personalmangel an. Am zweithäufigsten genannt ist die Forderung nach kleineren Gruppen. Viele pädagogische Fachkräfte fordern nicht nur mehr, sondern besseres und qualifizierteres Personal und – auf Platz 4 der Verbesserungsnotwendigkeiten gelegen – eine bessere Bezahlung. Den Mangel an Fachkräften in den Kindergärten haben auch die Eltern erkannt und fordern ebenfalls unter ihren Top 3 mehr Betreuungspersonal in den Kindergärten ein. Eltern wünschen sich in erster Linie eine individuellere Betreuung ihrer Kinder in Bezug auf ihre Stärken und Schwächen. Auf Platz 3 bei den dringend notwendigen Verbesserungen liegen mehr Betreuungszeiten und ausgeweitete Öffnungszeiten.

Beitrag von Pädagoginnen und Pädagogen: Höchste Priorität, Wertschätzung mangelhaft
Die öffentliche Wahrnehmung und gesellschaftliche Wertschätzung, die pädagogischen Berufen und vor allem der Elementarpädagogik entgegengebracht wird, ist sehr gering. Nur zwei Prozent der befragten Pädagoginnen und Pädagogen stimmen der Aussage zu, dass „die meisten Menschen ihren Beitrag für die Gesellschaft anerkennen“, während 66 Prozent auf einer Schulnoten-Skala eine „4“ bzw. „5“ vergeben und damit Wertschätzung für ihre Arbeit eindeutig vermissen.

Mariella Schurz, Generalsekretärin der B&C Privatstiftung, eine der Gründerinnen der MEGA Bildungsstiftung: „Der elementaren Bildung in Österreich wird allgemein zu wenig Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegengebracht. Dies, obwohl gerade in unseren Kindergärten Kompetenzen vermittelt werden, die für den weiteren Lebens- und Bildungsweg, bis in die Berufswelt hinein, entscheidend sind.“

„Kindergarten-Pädagoginnen und -Pädagogen sollten genauso viel verdienen wie Volksschullehrerinnen und -lehrer. Weiters liegt es in der gemeinsamen Verantwortung von Politik, Medien und der Gesamtgesellschaft, dem Kindergarten-Personal mehr Wertschätzung entgegenzubringen und damit die Berufswahl „Kindergartenpädagogik“ insgesamt für Frauen und Männer gleichermaßen attraktiver zu machen“, so Schurz weiter.

Gesamtbeurteilung des österreichischen Bildungssystem hat sich zuletzt verschlechtert: von „befriedigend“ in Richtung „genügend“
Im Rahmen der zweiten Bildungsklima-Studie wurde auch die Gesamtbewertung des österreichischen Bildungssystems erneut abgefragt. Während die Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen einzelne Faktoren durchaus positiv hervorheben (z. B. Infrastruktur, Klima), fällt die Gesamtbeurteilung des österreichischen Bildungssystems aktuell deutlich schlechter aus als bei der ersten Bildungsklima-Erhebung 2020/2021. Von den befragten Eltern vergeben über ein Viertel (26%) ein „genügend“ (19%) oder „nicht genügend“ (7%). Noch negativer bewerten die Pädagoginnen und Pädagogen selbst das österreichische Bildungssystem insgesamt: Gleich 49 Prozent urteilen hier mit „genügend“ (37 %) und „nicht genügend“ (12%) und nur 1 Prozent der Kindergarten-Pädagoginnen und Pädagogen vergibt ein „sehr gut“.

„Nur gemeinsam mit allen Stakeholdern im Bildungsbereich kann es gelingen, unser gesamtes Bildungssystem in Richtung „sehr gut“ zu bringen. Mit den Daten aus dem Bildungsklima-Index zeigen wir die notwendigen Handlungsfelder für Politik und Verwaltung auf, aber auch, in welchen Bereichen sich private Fördergeber sinnvoll engagieren können", so Mariella Schurz abschließend.

Die MEGA Bildungsstiftung selbst stellt im Jahr 2022 erneut eine Million Euro zur Förderung von innovativen Bildungsprojekten, auch im Bereich der Elementarpädagogik, zur Verfügung. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt in diesem Jahr bei „Chancenfairness“. Projekte können noch bis 5. Mai 2022 eingereicht werden: https://www.megabildung.at/bildungsmillion-chancen- fairness-2022/

Die aktuellen Studiendaten des Bildungsklima-Index mit Schwerpunkt Kindergarten können hier abgerufen werden. Die Ergebnisse des 1. Bildungsklima-Index aus 2020/2021, die das gesamte heimische Bildungssystem inklusive Schulen abbilden, sind weiters hier einsehbar.

Über die MEGA Bildungsstiftung
Mit der Gründung der MEGA Bildungsstiftung (www.megabildung.at) bündelten die B&C Privatstiftung und die Berndorf Privatstiftung ihre Ressourcen und Aktivitäten bei der Bildungsförderung, um innovative Bildungsprojekte im schulischen und außerschulischen Bereich zu fördern, auszubauen und in ihrer Wirkung zu verbreitern. Die inhaltlichen Schwerpunkte der MEGA Bildungsstiftung liegen in den Bereichen „Chancenfairness in der Bildung“ und „Wirtschaftskompetenz für den Alltag“. Insgesamt hat die MEGA Bildungsstiftung bereits zwei Millionen Euro zur Förderung von innovativen Bildungsprojekten in Österreich ausgeschüttet. Im Rahmen der MEGA Academy unterstützt die Bildungsstiftung gemeinsam mit der WU Wien diese Bildungsprojekte über die finanziellen Ressourcen hinaus mit Know-how.

Rückfragehinweis:
MEGA Bildungsstiftung, Pressestelle
The Skills Group, Mag. Bettina Loidhold, BA
loidhold@skills.at, +43 1 505 26 25 27
www.skills.at

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